Headerbild zum Blogartikel "Effiziente Serienanläufe einführen": Zeigt Fließband mit Roboter in Produktion

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Effiziente Serienanläufe einführen

Kennen auch Sie die Situation, dass Produkte zum Serienstart nicht fertig ausentwickelt sind, sich der Serienstart verspätet und es immer wieder zu Nacharbeiten in Ihrer Produktion kommt? Im schlimmsten Fall werden versprochene Liefertermine nicht eingehalten oder die vereinbarten Qualitätsanforderungen nur durch erhebliche Mehrkosten erfüllt. Wie Sie in Ihrer Organisation effektive und effiziente Serienanläufe einführen und managen, zeige ich in diesem Artikel auf.

Ein optimierter Serienanlauf spart Ihnen Kosten, erhöht Ihre Planungssicherheit und führt zu mehr Kundenzufriedenheit.

Dominik Fackler, Senior Berater

Nutzen durch Optimierung von Serienanläufen

Durch die Optimierung des Serienanlaufmanagements sichern Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit, indem Sie neue Produkte in der richtigen Qualität effizient auf den Markt bringen. Das steigert die Zufriedenheit Ihrer Kunden. Gleichzeitig schaffen Sie schlanke interne Prozesse und sparen dadurch Kosten. Ein robuster Serienanlauf führt zudem zu mehr Planungssicherheit in der späteren Serienproduktion und beruhigt somit Ihr operatives Tagesgeschäft. Aus diesen Gründen sollten Sie neben der laufenden Produktion auch die Optimierung Ihres Serienanlaufs nicht außer Acht lassen.

Vorgehen und zentrale Fragestellungen

Bei neuen Produkten sind zu Beginn meist viele Parameter am Produkt und im Prozess undefiniert. Um diese Parameter möglichst effizient zu konkretisieren, ist ein systematisches Serienanlaufmanagement erforderlich. Dabei ist vor allem eine zielgerichtete bereichsübergreifende Zusammenarbeit entscheidend. Im Folgenden gebe ich Ihnen Impulse dazu, wie Sie ein systematisches und erfolgreiches Serienanlaufmanagement etablieren können, um Ihre Serienanläufe effizient und effektiv einzuführen und zu managen.

Bei der Optimierung des Serienanlaufmanagements sind aus unserer Erfahrung vor allem folgende vier übergeordneten Schritte bzw. Bausteine zu beachten:

  1. Anlaufstrategie: Klärung der Zielsetzung, des Nutzens und der aktuellen Rahmenbedingungen
  2. Anlaufplanung: Entwicklung eines Serienanlaufprozesses mit definierten Reifegrad-Gates
  3. Anlaufsteuerung: Einführung von Steuerungselementen zur Operationalisierung des Serienanlaufprozesses
  4. Anlauforganisation: Etablierung einer Anlauforganisation mit klaren Aufgaben- und Verantwortungsbereichen

In der folgenden Abbildung finden Sie zusammenfassend eine Übersicht der zentralen Fragestellungen, welche bei der Entwicklung eines erfolgreichen Serienanlaufmanagements innerhalb der vier Schritte bzw. Bausteinen beantwortet werden sollten.

Eine Grafik zur Einführung von Serienlaufmanagement.
Abbildung 1: Fragestellungen bei der Einführung eines erfolgreichen Serienanlaufmanagements

1. Anlaufstrategie: Klärung der Zielsetzung, des Nutzens und der aktuellen Rahmenbedingungen

Im ersten Schritt sollten Sie sich Zeit nehmen. Reflektieren und definieren Sie, warum Sie den Serienanlauf in Ihrem Unternehmen optimieren möchten und welcher Nutzen mit einem optimierten Serienanlauf einhergeht. Dies hilft Ihnen dabei, eine Vision abzuleiten und später weitere Beteiligte zu überzeugen, sowohl im Management als auch im Projektteam. Idealerweise entwickeln Sie die Vision in einem ersten gemeinsamen Ziele-Workshop mit dem Projektteam.

Überlegen Sie sich zunächst das übergeordnete Ziel, welches Sie im Serienanlauf erreichen möchten, und klären Sie erste Rahmenbedingungen.

Dominik Fackler, Senior Berater

Steht eine erste Vision für den künftigen Serienanlauf, können Sie im nächsten Schritt die ersten Rahmenbedingungen schärfen. Hierbei sind zunächst übergeordnete Fragestellungen von Relevanz, welche für die Projektinhalte und den -aufbau bedeutend sind:

  • Für welche Marken und Produktgruppen soll der Serienanlauf optimiert werden? Welche Entwicklungs- und Produktionsstandorte sind davon betroffen?
  • Wer sind die Stakeholder im Projekt, wer ist betroffener Anwender?
  • Wie ist der Aufwand und die Komplexität im Anlauf der ausgewählten Produktgruppen? Ist beispielsweise eine Kategorisierung nach Aufwand der Anlaufprojekte möglich und sinnvoll?
  • Welche Prozesse gibt es bereits im Serienanlaufmanagement? Welche Prozesse und Meilensteine gibt es im benachbarten Produktentwicklungsprozess?
  • Wie ist die aktuelle Terminschiene im Produktentwicklungsprozess und im Serienanlauf? Daher: Welche Termine sind fest fixiert, welche veränderbar? Gibt es zum Beispiel feste Release-Termine von Produkten, welche Sie nicht aus eigener Macht verschieben können?
  • Wann liegt eine allgemeine Serienreife eines neuen Produkts vor?

Haben Sie diese Fragen gemeinschaftlich geklärt, haben Sie die ersten Eckpfeiler gesetzt, um Ihr Serienanlaufmanagement zu optimieren. Auf dieser Basis können Sie im nächsten Schritt zur Planung des künftigen Serienanlaufs übergehen.

Eine Grafik über den Serienanlaufprozess mit Reifegrad-Gates.
Abbildung 2: Möglicher Rahmen für Serienanläufe

2. Anlaufplanung: Entwicklung eines Prozesses für Serienanläufe mit definierten Reifegrad-Gates

In der Anlaufplanung entwickeln Sie einen Rahmen für das Serienanlaufmanagement. Damit schaffen Sie die Basis für den organisatorischen Ablauf und damit die Grundlage für die Anlaufsteuerung.

Schaffen Sie einen Rahmen – Definieren Sie Meilensteine, Musterphasen, Stückzahlen und Reifegrad-Gates.

Dominik Fackler, Senior Berater

Ausgehend von den aktuellen Prozessen in Ihrem Serienanlauf sowie dem benachbarten Produkteentwicklungsprozess gilt es in dieser Phase, insbesondere Meilensteine, Musterphasen, Stückzahlen und Reifegrad Gates zu definieren:

  • Meilensteine: Welche Meilensteine und Zeitpunkte müssen eingehalten werden, um die Serienreife an einem definierten Zeitpunkt zu erreichen? Dabei ist eine Rückwärtsterminierung ausgehend vom finalen Meilenstein zu empfehlen. Zusätzlich gilt es, diese Planung mit dem Produktentwicklungsprozess zu synchronisieren.
  • Musterphasen: Welche Musterserien (Vorserie, Nullserie, etc.) werden benötigt und welche Zeitschiene wird je Phase gebraucht? Typischerweise werden in der Vorserie Prototypen mit Versuchswerkzeugen gefertigt. In der Nullserie wird unter Verwendung der Serienwerkzeuge die finale Serienreife hergestellt.
  • Stückzahlen: Welche Stückzahlen veranschlagen Sie, um die definierten Meilensteine der Musterserien zu erreichen? Hier ist es ratsam, eine erste Abschätzung durchzuführen und die Stückzahlen dann nach den ersten Erfahrungen anzupassen.
  • Reifegrad-Gates: Welche Dokumente und Planungsparameter müssen zu den Meilensteinen eine „gewisse Reife“ haben? An welchen Stellen im Ablauf ergeben Reifegrad-Gates Sinn?

Der Rahmen steht, doch wie kommen Sie nun zur künftigen Operationalisierung des entwickelten Serienanlaufprozesses? Dies steht in der Planung der Anlaufsteuerung im Fokus.

Eine Illustration über das Reifegradcontrolling im Serienanlauf.
Abbildung 3: Reifegradcontrolling mit kontinuierlicher Entwicklung von Produkt- und Prozessmerkmalen

3. Anlaufsteuerung: Etablieren Sie ein Reifegradcontrolling sowie eine Qualitätsvorausplanung

Während eines Serienanlaufs müssen definierte Merkmale sowohl am Produkt als auch am Prozess so definiert werden, dass mit hoher Stückzahl in der Serie möglichst effizient und effektiv produziert werden kann. Dabei ist es wichtig, dass Sie die Produkt- und Prozessmerkmale systematisch erfassen und kontinuierlich auf Ihren Reifegrad prüfen. Hinzu kommen übergreifende Dokumente, wie zum Beispiel der Arbeitsplan, welcher sich ebenfalls über die Zeit konkretisiert.

Messen Sie den Fortschritt Ihres Produktneuanlaufs mit einem Reifegradcontrolling.

Dominik Fackler, Senior Berater

Um während eines Anlaufprojekts kontinuierlich den Fortschritt zu kennen sowie den Überblick und die Weitsicht zu wahren, ist der Einsatz eines sogenannten Reifegradcontrollings zu empfehlen. In diesem bewerten Sie im Team wiederholt den Anlauf nach definierten Reifegradkriterien zu den von Ihnen festgelegten Reifegrad-Gates. Je Gate legen Sie angestrebte SOLL-Erwartungswerte fest und stellen diese den IST-Bewertungen gegenüber. Liegt eine negative Abweichung vor – d. h. liegt der IST-Wert unter dem erwarteten SOLL-Wert – können Sie direkt Maßnahmen ableiten, um diese Abweichung wieder aufzuholen. Das Werkzeug des Reifegradcontrolling hilft Ihnen aus Projektmanagementsicht, den Gesamtüberblick zu wahren und die richtigen Prioritäten während eines gesamten Serienanlaufs zu setzen. In Abbildung 3 ist schematisch abgebildet, wie Sie mit einem Reifegradcontrolling das Produkt und den Prozess über die Reifegrad-Stufen zur vollständigen Reife entwickeln.

Mit dem Reifegradcontrolling schaffen Sie eine übergreifende kontinuierliche Ergebnissicherung im Serienanlauf. Im Fokus stehen aggregierte Ergebnisdokumente aus den Prozessbereichen und dem Qualitätsmanagement sowie gesamtheitliche Betrachtungen der Prüfergebnisse. Diese werden idealerweise zu einem rollierenden Meeting von den Bereichen so aufbereitet, dass direkt im Termin die richtigen Entscheidungen abgeleitet werden können, um die vollständige Serienreife zu erreichen.

Welche Merkmale Sie während der Vor- und Nullserienproduktion prüfen und wie Sie dabei vorgehen, legen Sie in der Qualitätsvorausplanung fest.

Qualitätsvorausplanung

Welche Prüfmerkmale Sie während des Anlaufprozesses überprüfen sollten, hängt vor allem von den „kritischen Maßen“ am Produkt ab. Kritische Maße sind Maße, welche das Endprodukt hinsichtlich der Hauptfunktionen und -anforderungen maßgeblich beeinflussen. Zu Beginn der Vorserie sollte Ihre Definition inklusive Toleranzen feststehen. Auf Prozessseite sollten Sie zudem bereits die Prozessschritte definiert haben. Ziel ist es, nun über die Vor- und Nullserie möglichst robuste Prozesse herzustellen, sodass ab dem Start-of-Production (SOP) nach definierten Vorgabezeiten und mit hoher Qualitätsrate hohe Stückzahlen in der Serienproduktion reproduziert werden können.

Mit einer Qualitätsvorausplanung entwickeln Sie die Prozessfähigkeit kritischer Prozesse kontinuierlich und systematisch weiter. Im Fokus stehen dabei die folgenden Schritte, welche bis auf Schritt eins und zwei rollierend über die Musterphasen zu durchlaufen sind:

Prozessschritte in der Qualitätsvorausplanung

  1. Prüfzeichnungen erstellen
  2. Prozesslenkungsplan (Control Plan) entwickeln
  3. Prüfplan je Prozess erstellen
  4. Prüfen und Prüfergebnisse protokollieren
  5. Prüfdaten auswerten
  6. Prozesslenkungsplan (Control Plan) aktualisieren, Maßnahmen im Reaktionsplan festhalten

Zentrales Dokument der übergreifenden Qualitätsvorausplanung ist der Prozesslenkungsplan. Darin wird festgehalten, an welchem Prozessschritt welche Produkt- und Prozessmerkmale wie gemessen werden. Zudem werden direkt Maßnahmen im Reaktionsplan hinterlegt. Wie Sie einen Prozesslenkungsplan (Control Plan) erstellen und strukturieren, erfahren Sie in diesem Artikel. Darin finden Sie auch ein Template, wie ein Control Plan aussehen kann, sodass Sie ohne großen Aufwand direkt loslegen können.

Für den Gesamtprozess der Qualitätsvorausplanung gibt es zahlreiche CAQ-Softwareanbieter am Markt, welche den Prozess systemgestützt abbilden. Anbieter von CAQ-Lösungen sind beispielsweise die Firma Babtec oder die Firma iqs. Ob bei Ihnen eine CAQ Software Sinn ergiebt, hängt von der Anzahl und Komplexität Ihrer Serienanläufe ab. Wir empfehlen daher, mit einer Konzeptionierung Ihres Serienanlaufprozesses zu starten und parallel zu prüfen, ob sich die Einführung einer CAQ Software rechnet.

Indem Sie die Qualitätsvorausplanung als Instrument nutzen, können Sie durchgängig die richtigen Produkt- und Prozessmerkmale prüfen und Anpassungen basierend auf dessen Daten vornehmen. Somit sichern Sie Ihren Serienstart auf Qualitätsebene ab.

Das Bild zeigt in einer Grafik beteiligte Abteilungen im Serienanlaufmanagement.
Abbildung 4: Funktionen des Anlaufmanagers im Serienanlaufprozess

4. Anlauforganisation: Etablierung von klaren Aufgaben- und Verantwortungsbereichen

Während eines Serienanlaufs sind viele Informationen verschiedener Abteilungen relevant. Damit an den Schnittstellen keine wichtigen Informationen verloren gehen und Sie jederzeit in einem Anlaufprojekt zielgerichtet handeln, ist es wichtig, einen sogenannten Anlaufmanager zu etablieren. Der Anlaufmanager hat zu jedem Zeitpunkt einen Gesamtblick auf das Anlaufprojekt und die Prioritäten bezüglich des Erreichens der Serienreife über das Reifegradcontrolling. Wichtig ist dabei, dass die Verantwortung des Anlaufmanagers nicht mit dem SOP endet, sondern erst wenn das Produkt die „definierte Serienreife“ erreicht hat. Ist dies zum gewünschten Zeitpunkt, dem Start-of-Production (SOP) nicht erfüllt, ist er weiterhin dafür verantwortlich, die vollständige Serienreife des Produkts umzusetzen

Tragen Sie als Anlaufmanager das neue Produkt vom Prototyp bis zur Serienreife!

Dominik Fackler, Senior Berater

Wie in Abbildung 4 dargestellt verantwortet der Anlaufmanager die funktionsübergreifende Planung, Steuerung und Kontrolle des Serienanlaufs. nach Anzahl und Komplexität der Serienanläufe in Ihrem Unternehmen ist es sinnvoll, mehrere Anlaufmanager zum Beispiel nach Marken oder Produktgruppen zu etablieren. Der Anlaufmanager arbeitet eng zusammen mit dem Anlaufteam, welches die operative Durchführung des Serienanlaufs koordiniert. Mit einem Anlaufmanager, der die entsprechende Befugnis in Ihrer Aufbauorganisation besitzt, und einem gut funktionierenden Team sind Sie sehr gut aufgestellt, um das Produkt vom Prototyp zur Serienreife zu tragen.

Zusammenfassung

Indem Sie Ihren Serienanlauf systematisch strukturieren, entsprechende Steuerungswerkzeuge und eine wertorientierte Anlauforganisation einführen, etablieren Sie mit einfachen Schritten einen effizienten und effektiven Serienanlauf. Dies wirkt sich direkt positiv auf die Kundenzufriedenheit, die interne Kostenstruktur sowie die Planungssicherheit in Ihrem Unternehmen aus – und schafft somit einen konkreten und messbaren Mehrwert in Ihrer Organisation.

Portrait von Dominik Fackler, Senior Berater bei Rothbaum

Dominik Fackler

Manager, München

Als Manager leitet Dominik diverse Projekte, insbesondere in den Bereichen Fabrikplanung, Geschäftsprozessoptimierung in der Produktion und Supply Chain sowie Digital Operations.

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