Prozesskennzahlen: Wenn Daten Aussagekraft bekommen
Sie wissen nicht, wie gut oder schlecht sie gerade in einem Unternehmensbereich sind? Dann ist…
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Die Länder Osteuropas sind auch nach zwei Jahrzehnten wirtschaftlichen Aufschwungs weiterhin ein attraktiver Standort für produzierende Unternehmen. Trotz gestiegener Lohnkosten gibt es sie nämlich weiterhin: Standorte mit guter Infrastruktur, effizientem Bildungssystem, junger Bevölkerung und moderaten Löhnen. In unserem zweiten Teil der Serie „Standortsuche Osteuropa“ zeigen wir Ihnen, wie Sie eine optimale Immobilie für Ihren Produktionsstandort finden.
Die Situationen, in denen ein produzierendes Unternehmen einen neuen Standort sucht, sind vielfältig: Kapazitätsengpässe, Kostenreduktion, Erschließung lokaler Märkte – um nur ein paar zu nennen. Seit der Corona-Pandemie ist dieser Aufzählung auch noch ein weiterer Punkt hinzuzufügen: die Absicherung der Lieferfähigkeit durch lokale bzw. kontinentale Produktion, das sogenannte Near-shoring.
Osteuropa ist für diese Unternehmen nicht nur aus geografischen Gründen naheliegend: geringe Lohnkosten, schnelle Time-to-Market, gute Bildung, viele Arbeitskräfte. Aber es ist längst nicht alles Gold, was glänzt.
Seit Corona ist die Absicherung der Lieferfähigkeit für viele Unternehmen wichtiger geworden.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Deshalb reicht es nicht aus, den Fokus auf die Zahlen, Daten und Fakten zu richten. Zugegeben, sie sind unersetzlich und die Geschäftsführung Ihres Unternehmens ist am Ende vor allem an Zahlen interessiert. Doch der Erfolg eines neuen Produktionsstandortes ist nicht zuletzt von vielen weichen Faktoren abhängig. Es lohnt sich daher auch, aus erfolgreichen und fehlgeschlagenen Ansiedlungsvorhaben der letzten Jahre zu lernen.
In zweiten Teil der Artikelserie „Standortsuche Osteuropa“ geht es um die Frage, wie man eine optimale Immobilie für einen neuen Standort auswählt. Im vorangegangenen ersten Teil der Serie finden Sie zudem Informationen zu Lohnkosten und Arbeitnehmerverfügbarkeit.
Die Immobilie stellt zumeist die größte Position auf der Investitionsliste dar. Zudem bildet sie oft den limitierenden Zeitfaktor bis zum geplanten Produktionsstart. Jedes Unternehmen steht also mindestens einmal vor der Frage, welche Immobilie die beste Wahl darstellt. Muss es ein Neubau sein oder reicht auch eine Bestandsimmobilie (ggf. mit Umbau oder Sanierung)? Wie spezifisch muss das Gebäude auf die Prozesse und Technologien angepasst sein? Selbst bauen oder besser mieten? Oder nicht doch ganz anders?
Die Wahrheit ist, dass es die eine optimale Immobilie nicht gibt. Die Wahl der Immobilie hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
Dies setzt voraus, dass das Entscheidungsgremium und die handelnden Personen hinreichend über diese beiden Umstände informiert bzw. sich darüber im Klaren sind. Die Verfassung des Unternehmens lässt sich dabei noch leichter fassen, denn zumeist kann sie mit der finanziellen Situation beschrieben werden. Aber auch die personelle und rechtliche Verfassung des Unternehmens sollte beachtet werden.
Schwieriger ist es, Klarheit und Einverständnis über die Ziele zu erzielen, die mit dem neuen Standort verfolgt werden sollen. Verlängerte Werkbank mit geringem Lohnniveau, Mittel für den lokalen Markteintritt oder möglicher Ausbau zum Engineering Center: Es braucht eine gemeinsam entwickelte Vision des Standorts.
Die Wahl der Immobilie ist eine vielschichtige und situative Entscheidung.
Dr.-Ing. Kai P. Bauer, Senior Manager
Senior Manager
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Oftmals heißt es zu Beginn der Standortsuche, eine Bestandsimmobilie sei meist günstiger und vor allem schnell verfügbar. Das ist zwar richtig, aber meist ist die passende Bestandsimmobilie an attraktiven Standorten Osteuropas schlichtweg nicht verfügbar oder die notwendigen Anpassungen erfordern hohe Investitionen. Zudem sollte die Makrolage des Standorts in den meisten Fällen nicht allein nach der Verfügbarkeit einer Bestandsimmobilie bestimmt werden.
Der (brauchbare) Leerstand in Osteuropa ist gering. Gleichzeitig gibt es attraktive Alternativen.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Lassen Sie uns auf die zentralen Fakten schauen: die Leerstandsquoten für industrielle Immobilien. Diese liegen in Osteuropa zwischen 1,9% in Bulgarien und 6,9% in der Slowakei. Zum Vergleich: Der überhitzte Industrieimmobilienmarkt in München weist eine Leerstandsquote von 2,1% auf.
Daraus kann abgeleitet werden, dass in Bulgarien, Serbien, Ungarn und Tschechien eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, die passende Bestandsimmobilie am Wunschstandort zu finden. Gleichzeitig lässt sich für Bulgarien und Serbien festhalten, dass es kaum proaktive Entwicklungsunternehmen am Markt gibt, welche auf eigenes Risiko Grundstücke erwerben und spekulativ entwickeln.
In Ländern wie Slowakei oder Polen sieht die Lage besser aus. Bestandsimmobilien sind stärker verfügbar. Hier gibt es zudem eine Reihe nationaler wie internationaler Entwicklungsunternehmen (z.B. MLP, Panattoni, Prologis, uvm.), die über eine Vielzahl spekulativ entwickelter Grundstücke und Commercial Parks verfügen.
Lassen Sie uns zurückkommen auf die Frage, wie schnell eine Immobilie zur Verfügung steht. Es lassen sich drei Anforderungsprofile unterscheiden:
Je nach Anforderungsprofil kommen unterschiedliche Immobilien in Frage:
Kurzfristige Standortprojekte können auch in einem Neubau realisiert werden.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Die Praxis zeigt, dass kurzfristige Standortvorhaben auch mit einem Neubau realisiert werden können, wenn gewisse Rahmenbedingungen gegeben sind. Mein persönlicher „Rekord“ von Standortentscheidung bis Produktionsstart in einem Neubau liegt bei 8 Monaten. Dies setzt aber einen Immobilienmarkt voraus, der so attraktiv ist, dass Entwicklungsunternehmen auf eigenes Risiko spekulative Immobilienprojekte realisieren.
In den genannten Ländern mit hoher Leerstandsquote, Slowakei und Polen, ist dies der Fall. Doch auch wenn die Bestandsimmobilie verfügbar ist, gibt es durchaus attraktive Alternativen – vor allem wenn man bedenkt, dass eine neue Immobilie exakt auf das Anforderungsprofil Ihrer Produktion angepasst ist.
Eine gemäß Standardbaubeschreibung des Immobilienentwicklers errichtete Halle ist günstiger als ein speziell auf Ihre Bedürfnisse abgestimmtes Gebäude. Es gibt aber noch weitere Unterschiede, die es zu berücksichtigen gilt.
Ein Standardgebäude entspricht der Standardbaubeschreibung des Entwicklers. Diese ist im Regelfall ein Mietobjekt und auf eine Nutzung als Lager oder für „leichte Produktion“ mit Bodenlasten von 500-700 kg/m² ausgelegt. Der Entwickler achtet in der räumlichen Gestaltung zudem darauf, möglichst viele Nutzungsprofile abzudecken, um eine uneingeschränkte Nachnutzung zu ermöglichen. In der Regel bedeutet dies, dass die Gebäude über große Hallenabschnitte, viele LKW-Rampen und wenig Bürofläche verfügen.
Auch in einem Standardgebäude lässt sich eine moderne Produktion realisieren.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Ein Standardgebäude eignet sich daher im Speziellen für Unternehmen, welche sehr kurzfristig zusätzliche Kapazitäten schaffen wollen, keine schweren Produktionstechnologien einsetzen (z.B. Werkzeugmaschinen mit Fundament, Schwerlastdeckenkräne) oder eine kurze Mietdauer von bspw. 5 Jahren bevorzugen. Nichtsdestotrotz lässt sich auch in einem Standardgebäude eine moderne Produktion (insbesondere Montage) realisieren.
Das „Build-to-suit“ bietet auch als Mietobjekt nahezu alle Freiheitsgrade.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager Supply Chain Management
Ein individuell geplantes Gebäude („Build-to-suit“) kann, je nachdem ob selbst gebaut oder gemietet, auf alle bzw. nahezu alle Anforderungen abgestimmt werden. Wenn Sie sich für ein fremdentwickeltes Gebäude entscheiden, dessen Grundstück bereits spekulativ entwickelt und überplant wurde, lassen sich zudem Implementierungszeiträume von 12-18 Monaten realisieren.
Ein solches Gebäude eignet sich daher im Speziellen für Unternehmen mit besonderen baulichen Anforderungen, die sich für einen längeren Zeitraum verpflichten können (min. 10 Jahre).
Bis hierhin haben wir die Frage nach Miete oder Investition nicht explizit behandelt, aber beide Optionen bereits in einigen Punkten diskutiert. Schauen wir also einmal genauer auf die jeweiligen Vor- und Nachteile.
Die Standortvision bestimmt, ob Miete oder Investition das bessere Modell für Sie ist.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Beide Modelle bieten Vorteile und haben folglich eine Daseinsberechtigung. Die investierte Immobilie eignet sich dabei besser für Unternehmen mit langfristigen Plänen und ausreichend Kapital. Die gemietete Immobilie kommt Unternehmen entgegen, die entweder nicht über das notwendige Kapital verfügen oder deren Wachstumspläne am Standort noch mit Unsicherheit behaftet sind.
Zu beachten ist: Wenn Sie ein noch nicht existentes Mietobjekt favorisieren, achten Sie vor allem auf die Verlässlichkeit und Solvenz des Entwicklungsunternehmens. Das gilt vor allem für kleinere, lokale Immobilienentwickler.
Im Nachfolgenden möchte ich Ihnen einen konkreten Einblick in die Eigenschaften ausgesuchter Immobilienmärkte geben. Die genannten Preise beziehen sich auf ein Standardlagergebäude in industrietypischer Ausführung in einem sehr guten Zustand sowie auf Quadratmeter und Monat.
Der tschechische Immobilienmarkt ist geprägt von geringen Leerstandsquoten und mittleren bis hohen Preisen. Hintergrund sind die zahlreichen Logistikprojekte der vergangenen Jahre, die zusätzlich zu einer dichten industriellen Struktur realisiert wurden. Mietpreise liegen zwischen 4,10 EUR und 4,70 EUR pro Quadratmeter und Monat. Es gibt zahlreiche spekulative Entwickler und generell eine befriedigende Verfügbarkeit. In und um Prag sowie entlang der tschechisch-deutschen Grenze ist die Verfügbarkeit jedoch eingeschränkt.
Tschechien und die Slowakei haben ein vergleichbares Mietpreisniveau wie Deutschland.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Die Slowakei weist eine der höchsten Leerstandsquoten in Osteuropa auf. Lokal gibt es jedoch deutliche Unterschiede. In der Folge ist die Spanne der Preise sehr groß (zwischen 3,45 EUR und 4,90 EUR). Der Westen des Landes ist geprägt von der Nähe zu Österreich: Hier wurden in den letzten Jahren viele große Logistikprojekte in und um die Hauptstadt Bratislava realisiert. Zahlreiche, teils auch spekulative Immobilienentwickler sind in der Slowakei tätig, sodass die Verfügbarkeit im Allgemeinen als befriedigend bis gut bezeichnet werden kann.
Der polnische Immobilienmarkt ist der größte Immobilienmarkt Osteuropas. Zahlreiche spekulative Immobilienentwickler sind hier tätig. In den Ballungsräumen Warschau, Breslau, Katowice, Krakau und Posen gibt es ein breites Angebot an Immobilien, aber auch viel Nachfrage. Der Preis wird folglich wesentlich durch die Mikrolage bestimmt. Vakanzen bleiben nicht lange am Markt, es herrscht ein hoher Umschlag. Die Preise pendelt sich zwischen 3,70 EUR bis 4,20 EUR pro Quadratmeter und Monat ein. Im Osten liegen die Preise ähnlich, die Verfügbarkeit ist jedoch deutlich geringer. In der Hauptstadt Warschau liegen die Preise um 5,00 EUR herum.
In Polen finden Sie zahlreiche, teils preiswerte Immobilien.
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Der rumänische Immobilienmarkt ist geprägt von zahlreichen Automobilzulieferern und großen mittelständischen Unternehmen. Für produzierende Unternehmen mit logistischer Westausrichtung sind vor allem die Gebiete westlich der Karpaten interessant. Folglich konzentrieren sich neue Projekte vor allem in diesem Gebiet. Die hohe Nachfrage sorgt jedoch dafür, dass sich die Preise zwischen 4,20 EUR und 4,70 EUR bewegen. Vor allem in den großen Zentren Timisoara und Sibiu können die Preise teils höher liegen. Mit Ausnahme der Hauptstadt Bukarest sind anderenorts kaum Immobilienentwickler tätig, die Verfügbarkeit ist entsprechend beschränkt.
Der bulgarische Immobilienmarkt ist wenig entwickelt. Es gibt kaum spekulativ tätige Immobilienentwickler. Angebot findet sich fast ausschließlich in der Hauptstadt Sofia und deren Umgebung. Die Preise liegen zwischen 4,50 EUR und 4,90 EUR. Die Verfügbarkeit ist im Allgemeinen als gering zu bezeichnen. Bulgarien ist daher kein Land für eine kurzfristige Ansiedlung.
In Rumänien, Ungarn und Bulgarien konzentriert sich der Immobilienmarkt auf einige Hotspots.
Dr.-Ing. Kai P. Bauer, Senior Manager
Der Immobilienmarkt des Landes konzentriert sich stark auf die Hauptstadt. Rund 80% aller entwickelten Flächen finden sich in der Gegend um Budapest. Die Preise dort liegen zwischen 4,50 EUR und 4,80 EUR. Der Leerstand ist aber gering. In den ländlichen Regionen des Landes gibt es nur wenig Verfügbarkeiten. Die meisten Vakanzen wurden ursprünglich als spezifische Produktionsgebäude errichtet und sind im Rahmen von Sale-and-lease-back Transaktionen als Mietobjekte auf den Markt gekommen. Vereinzelt finden sich Immobilien entlang der Autobahn M1 und in der Gegend Miskolc-Debrecen. In der jüngeren Vergangenheit kam es mit BMW in Debrecen und Daimler in Kecskemét zu einigen größeren Ansiedlungen oder Erweiterungen in Ungarn, die auch verstärkt Zulieferer nach sich ziehen und zu einer erhöhten Nachfrage führen werden.
Die Immobilienmärkte Osteuropas sind zum Teil hochentwickelt. Die Gebäude entsprechen den gängigen industriellen Standards und sind recht jung. Die regionalen Unterschiede sind aber groß. Dies gilt es gleichauf mit der Wahl des richtigen Modells (Miete oder Investition, Standard oder Individuell, Bestand oder Neubau) bei der Auswahl des Standorts zu berücksichtigen.
Senior Manager, Hamburg
Kai Philipp Bauer studierte Maschinenbau mit Schwerpunkt Produktionstechnik und ist seit über zehn Jahren in der Beratung tätig. Er berät seine Klienten insbesondere in Fragen der Strategieentwicklung, des Operations Managements und der digitalen Transformation.
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