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Aufbau eines neuen Produktionsstandorts: Projektorganisation

Darauf kommt es beim Standortaufbau an

Ein neuer Produktionsstandort ist ein umfassendes, strategisches Vorhaben und stellt deshalb viele Unternehmen vor Herausforderungen. Für ein reibungsloses Projekt von der Standortentscheidung bis zum Hochlauf ist eine gute Organisation notwendig. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick vermitteln, worauf es bei einem Standortaufbau ankommt.

Die richtige Projektorganisation ist essenziell für den Erfolg Ihres Standortvorhabens und minimiert operative wie wirtschaftliche Risiken.

Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager

Drei zentrale Fragen zu Beginn des Standortaufbaus

Kapazitätserweiterung, Kostenreduktion und Erschließung neuer Absatzmärkte sind nur ein paar der Gründe, einen neuen Produktionsstandort zu suchen. Zunehmend ist für viele Unternehmen auch die Absicherung der Lieferfähigkeit durch eine lokale Produktion, Nearshoring genannt, wichtig.

Mit einem Projekthorizont von drei bis fünf Jahren stellen Auswahl, Aufbau und Hochfahren eines neuen Produktionsstandorts für viele Unternehmen ein seltenes oder gar erstmaliges Vorhaben in der (jüngeren) Unternehmensgeschichte dar. Ohne passende Erfahrung und das richtige, methodische Handwerkszeug kann ein solches Projekt deshalb schnell ins Stocken geraten oder aus dem Ruder laufen.

Basierend auf unserer Projekterfahrung, behandeln wir in diesem Artikel folgende Fragen:

  1. Welcher Struktur muss eine Projektorganisation folgen?
  2. Wie muss ein Projektteam aufgebaut sein und wer sollte involviert werden?
  3. Wie muss der Projektplan beschaffen sein, um im Projekt stets den Überblick über Aufgaben, Meilensteine und Abhängigkeiten zu behalten?  

Die Projektstruktur

Der Grundstein für das erfolgreiche Produktionsaufbau-Projekt

Sind die Projektziele und das Profil des neuen Standorts (Produkte, Stückzahlen, Prozesse, Technologien) klar umrissen, gilt es, das Projekt zu initiieren. Hierzu ist festzulegen, welche Gremien am Projekt beteiligt werden, welche Verantwortlichkeiten wie zuzuordnen sind und wie die Kommunikation aussehen soll.

Typische Standortprojekte sind auf drei Ebenen organisiert:

  1. Der Lenkungskreis besteht aus den wichtigsten Stakeholdern aus Management und Geschäftsführung. Dieser gibt dem Projekt durch strategische Entscheidungen die Richtung vor.
  2. Die Projektleitung besteht aus dem Gesamtprojektleiter und dem Project Management Office (PMO). Ihr Aufgabenbereich ist die Ausgestaltung und permanente Anpassung der Projektstruktur, die Verwaltung von Aufgaben und Terminen sowie die Kommunikation zwischen den verschiedenen Projektebenen.
  3. Die Teilprojektleitungen bearbeiten die einzelnen Themengebiete des Projekts und verantworten ihre jeweilige fachliche Disziplin. Die Projektmitglieder sind den Teilprojekten zugeordnet.

Eine klare Projektstruktur ist als Ausgangsbasis für das weitere Vorgehen unersetzlich.

Johannes Rauh, Berater

Das Projektteam richtig aufsetzen

Der Unterschied zwischen Standortvorhaben und anderen, operativen Projekten liegen in der strategischen Bedeutung für das gesamte Unternehmen. Aus diesem Grund ist die oberste Führungsebene im Lenkungskreis involviert. Zudem werden am neuen Standort viele Unternehmensprozesse und -funktionen neu aufgesetzt. Hierfür müssen Teilprojektleitungen aus den verschiedenen Fachabteilungen in das Projektteam eingebunden werden. Der Zusammensetzung des Projektteams haben wir deshalb weiter unten einen eigenen Absatz gewidmet.

Für eine effektive Kommunikation sollten feste Terminzyklen zwischen den Projektebenen vereinbart werden:

  1. Kurze Statusupdates zu den spezifischen Aufgabenpaketen zwischen PMO und den jeweiligen Teilprojektteams im 1-4-wöchentlichen Rhythmus
  2. Informationsaustausch und Klärung allgemeiner Fragen zwischen PMO und dem gesamten Projektteam im regelmäßigen Statustermin: Je nach Intensität der Projektphase im Rhythmus von 1-4 Wochen.
  3. Wichtige Entscheidungen und Fragen aus dem Projektteam sowie ein Update des Projektstatus im Lenkungskreis-Termin. Typischerweise findet dieser alle 1-2 Monate statt.

Risiken infolge unklarer oder unzureichender Projektstrukturen liegen nicht nur in der Unzufriedenheit der Unternehmensleitung begründet, die durch mangelhafte und unregelmäßige Statusupdates oder die Überlastung der Projektleitung aufgrund unzureichender Aufgabenverteilung entstehen kann. Vielmehr besteht insbesondere die Gefahr, dass Querbezüge und Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Themen nicht rechtzeitig erkannt werden. Dies kann zu Schwierigkeiten führen und im schlimmsten Fall Verzögerungen im Projektablauf verursachen. Ein Beispiel hierfür ist die Auswirkung von Prozessänderungen im Bereich HR, die zu erhöhten Programmierungsaufwänden in der IT führen können.

Infografik zum Blogartikel "Aufbau eines neuen Produktionsstandorts: Projektorganisation": Zeigt drei Ebenen des Prozesses zum Standortaufbau:
-Lenkungskreistermin
-Projektstatustermin
-Teilprojektrunden

Das Projektteam

Die Teilprojektmitglieder entscheiden über den Erfolg des Standortaufbaus

Ein Projekt zum Aufbau eines neuen Produktionsstandorts gliedert sich typischerweise in die folgenden Teilprojekte:

  • Gebäude: Koordination des Baus, Technische Gebäudeausstattung, Büro- und Sozialflächen
  • Produktion: Planung Produktionssystem und der Fertigungs- und Montagebereiche, Verwalten von Maschinen und Anlagen
  • Logistik: Materialflusskonzept, Lagerplanung, Warenein- und -ausgang, Verwaltung des Fuhrparks
  • Supply Chain Management & Einkauf: Aufbau des Lieferantennetzwerks sowie der Dispositionsstrategie, Planen von Produktions- und Bestellmengen
  • Qualität: Aufbau des Qualitätsmanagementsystems, Zertifizierungen
  • Produktentwicklung: Laborräume und weitere Forschungseinrichtungen
  • Rechtliches & Finance: Gründung der neuen Gesellschaft, Aufbau der Finanzflüsse, Schutz geistigen Eigentums
  • Controlling: Business Case und kontinuierliches Projektcontrolling; auch als Stabsstelle möglich, die direkt an die Projektleitung berichtet
  • Personal: Recruiting, Onboarding & Training, Einbezug der Belegschaft am bestehenden Standort, Einbezug des Betriebsrats
  • IT-Infrastruktur: Einrichten des Netzwerks am neuen Standort
  • IT-Systeme: Notwendige Anpassungen in den wichtigsten ERP-Systemen
  • Kommunikation: Marketing & Kommunikation des Projektfortschritts intern und extern, Einbindung lokaler Partner
  • Vertrieb: im Falle von Erschließung neuer Märkte
  • Externe Partner: externe Unterstützung durch bspw. Personaldienstleister und Rechtsberatungen vor Ort, die Ihnen mit Kenntnis der lokalen Begebenheiten zur Seite stehen

Bei dieser Liste handelt es sich um eine Maximalaufzählung. Nicht alles muss für Ihr Unternehmen relevant sein. Zusätzlich gibt es in jedem Standortaufbau spezifische Themen, die keinem Teilprojekt genau zuzuordnen sind. In solchen Fällen ist es wichtig, klare Ansprechpartner außerhalb des Projektteams zu benennen. Wird ein Teilprojekt nicht oder nur unzureichend besetzt, kann dies im weiteren Projektverlauf Probleme bereiten: So zieht das Vernachlässigen der IT-Infrastruktur die verspätete Inbetriebnahme der Arbeitsplätze nach sich und unzureichende Kommunikation führt dazu, dass die Akzeptanz des Vorhabens auf lokaler Ebene geschwächt wird.

Das Projektteam ist das Herzstück des neuen Produktionsstandorts. Die Teilprojektmitglieder sind maßgeblich verantwortlich für den Erfolg oder Misserfolg Ihres Projekts.

Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer, Senior Manager
Teaser zum Blogartikel Standortsuche.

Produktion

Standortsuche

Mit einem fundierten Entscheidungsprozess unterstützen wir Sie bei der Auswahl des optimalen Standorts. Unser Erfolgsrezept: belastbare Kennzahlen in der Rothbaum Regionaldatenbank, aussagekräftige Nutzwertanalysen und langjährige Partner vor Ort.

Der Projektplan

Überblick über alle Aufgaben und Abhängigkeiten für den Aufbau des neuen Produktionsstandorts

Zur optimalen Planung des weiteren Projektvorgehens auf einer detaillierten Ebene empfiehlt es sich, gemeinsam im Team einen Projektplan (bspw. in Microsoft Project) aufzusetzen. Dieser beinhaltet sowohl die wichtigsten Meilensteine als auch dafür notwendige, untergeordnete Aufgaben inklusive Verantwortlichkeiten, zeitlicher Abläufe und Querbezügen bzw. Abhängigkeiten zwischen diesen. Insbesondere bei Standortprojekten ist die hierdurch erzielte Übersichtlichkeit ob des langen Zeithorizonts in Kombination mit den vielfältigen Projektaufgaben hilfreich. Ein unzureichend aufgesetzter Projektplan kann schlimmstenfalls dazu führen, dass wichtige Aufgaben vergessen oder Querbezüge zwischen Arbeitspaketen missachtet werden und sich so im späteren Projektverlauf aufwendige Änderungen ergeben (Beispiel: Auswirkungen verschiedener Anlagentypen auf das Belüftungskonzept).

Der Aufbau des Projektplans erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst gilt es, auf einer übergeordneten Ebene die wichtigsten Projektmeilensteine zu definieren. Beim Standortneuaufbau handelt es sich hier typischerweise um die Auswahl und den Erwerb des richtigen Grundstücks oder Objekts, den Erhalt der wichtigsten Genehmigungen, Beginn und Abschluss der Bauphase und die Inbetriebnahme des Gebäudes.

Ein Projektplan ist ein wichtiges Tool, um Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu verwalten und Abhängigkeiten zwischen einzelnen Themenbereichen aufzudecken.

Johannes Rauh, Berater

Die Detailplanung: Ableitung einzelner Schritte und Querverbindungen zwischen Arbeitspaketen

Anschließend sollte feingliedriger aufgezeichnet werden, welche Schritte bis zum Erreichen der verschiedenen Meilensteine notwendig sein werden. So setzt sich beispielsweise die Bauphase aus dem Erhalt der Baugenehmigung, dem Spatenstich und den anschließenden Fundamentarbeiten, dem Aufbau des Gebäudes und der Installation der Technischen Gebäudeausstattung (TGA) zusammen. Auch diese Zwischenschritte sind wiederum aus einzelnen Aufgaben aufgebaut und können tiefergelegt werden. Dies kann so lang wiederholt werden, bis der individuell gewünschte Detailgrad erreicht wurde.

Auch die zeitliche Schiene des Projekts sollte im Projektplan festgehalten werden. Dies geschieht entweder vorwärts ausgehend vom Projektstart oder aber rückwärts vom Produktionsstart aus. Hierzu sollten erste Abschätzungen über die notwendigen Aufwände für einzelne Arbeitspakete getroffen und Verantwortlichkeiten in Form der jeweiligen Teilprojekte festgelegt werden. So kann die Bauphase je nach konkretem Vorhaben ca. 6-12 Monate dauern, wobei davon ein großer Anteil von 2-3 Monaten auf die Fundamentarbeiten entfallen kann.

Zuletzt sollten mögliche Querverbindungen zwischen Arbeitspaketen notiert werden, um frühzeitig auf mögliche Hindernisse aufmerksam zu werden. Im Projektverlauf lässt sich der Projektplan ebenfalls nutzen, um den Projektstatus zu verfolgen und das Projektteam entsprechend steuern zu können. So gilt es beispielsweise die verschiedenen Funktionsflächen (Produktion, Logistik, aber auch Sozialbereiche und Büros) sowie die TGA zu planen, bevor eine Umweltverträglichkeitsprüfung angestoßen oder ein Bauantrag gestellt werden kann.

Kooperative Verwaltung des Projektplans in Microsoft Teams

Projektsteuerung in gewohnter Umgebung

Mittels MS Project lässt sich die Steuerung Ihres Projekts optimal in der gewohnten Teams-Umgebung integrieren. So haben Sie Termine, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Fortschritte immer im Blick und können flexibel Anpassungen vornehmen, die in Echtzeit an die Projektmitglieder weitergeleitet werden. Aufgaben können direkt an die Verantwortlichen zugewiesen, Terminänderungen eingetragen und Abhängigkeiten nachvollzogen werden. So erkennen Sie frühzeitig, welche Aufgaben Priorität haben, wo möglicherweise Konflikte drohen und können direkt Gegenmaßnahmen einleiten.

Teams ist zur Kooperationsplattform in vielen Unternehmen geworden. Zusammen mit Planner können damit komplexe Projektpläne agil entwickelt und Aufgaben kooperativ verwaltet werden.

Johannes Rauh, Berater

Zusammenfassung

Zusammenfassend lassen sich folgende Kernaspekte herausarbeiten:

  • Der Aufbau eines neuen Standorts ist ein umfangreiches Vorhaben mit einer hohen strategischen Bedeutung für das ganze Unternehmen. Entsprechend sollten Projekte auf einer durchdachten, klaren Struktur aufgesetzt werden, um einen reibungslosen Ablauf und eine hohe Hebelwirkung für die Projektleitung zu gewährleisten.
  • Eine gute Projektstruktur beinhaltet regelmäßige Kommunikation zwischen den verschiedenen Stakeholdern – vom PMO ausgehend mit dem Lenkungskreis und dem Projektteam.
  • Das Projektteam sollte so groß wie nötig, aber so klein wie möglich gestaltet werden und aus Experten aus den verschiedenen Fachbereichen zusammengesetzt sein.
  • Ein Projektplan stellt ein praktisches Werkzeug dar, um im Projekt den Überblick über Aufgaben, Status und Querbezüge zwischen Arbeitspaketen zu behalten.
Portrait von Geschaeftsfuehrer aus Hamburg, Kai Philipp Bauer
Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer

Senior Manager

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Sie möchten Unterstützung bei der Realisierung eines Standortvorhabens? Mit unserer Expertise helfen wir Ihnen gerne dabei, eine robuste Projektorganisation aufzusetzen und stehen Ihnen auch in der Umsetzung als kompetenter Partner zur Seite.

    Portrait von Johannes Rauh, Berater bei Rothbaum

    Johannes Rauh

    Berater, Frankfurt

    Unter anderem hat er bereits Projekte in den Bereichen Global Footprint, Standortsuche, Fabrik- und Logistikplanung begleitet. Sein Fokus liegt dabei auf den Geschäftsfeldern Produktion und Logistik, für welche auch das Thema Nachhaltigkeit besonders relevant sind.

    Portrait von Geschaeftsfuehrer aus Hamburg, Kai Philipp Bauer

    Dr.-Ing. Kai Philipp Bauer

    Senior Manager, Hamburg

    Kai Philipp Bauer studierte Maschinenbau mit Schwerpunkt Produktionstechnik und ist seit über zehn Jahren in der Beratung tätig. Er berät seine Klienten insbesondere in Fragen der Strategieentwicklung, des Operations Managements und der digitalen Transformation.

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